Freitag, 17. April 2015
Nimm mein Herz mit, ich brauche es nicht mehr
Schwer vorstellbar, wie man sich in 14 Sommern verlieben, aneinander gewöhnen, miteinander leben und lieben und dann plötzlich verlieren kann. Aber genau das ist meine Geschichte.

Das "wir" begann im Sommer 2000, als wir uns über einen Chat kennen lernten, wirklich sehr intensiv schrieben, uns dann das erste Mal im Herbst trafen und er übers Wochenende blieb. Ich gerade 18, er Anfang 20. Von da an waren wir zusammen, auch wenn uns knapp 400 Kilometer trennten. Ich erinnere mich noch an den stechenden Abschiedsschmerz nach diesem ersten Wochenende. Ich dachte ich würde keinen Tag ohne ihn überleben können. Vier Monate und vier Treffen später zog er bei mir ins Zimmer, auch wenn alle sagten, es sei zu früh und würde nicht funktionieren waren wir seit da an nicht mehr getrennt. Die erste gemeinsame Wohnung folgte, unsere kleine Familie bekam Zuwachs in Form von Haustieren und auch wenn der ganze Rest Scheiße lief (und da lief wirklich nicht immer alles rund!), so hatten wir doch uns.

Vor einigen Wochen beichtete er mir dann, dass seine Liebe weg ist. Ich sei noch immer der wichtigste Mensch in seinem Leben, aber mehr als die beste Freundin oder kleine Schwester sei emotional nicht mehr drin. So richtig gut war es schon seit ein paar Monaten nicht mehr; er ging physisch und emotional auf Distanz, brauchte seine Zeit. 'Alles nur eine Phase, ausgelöst durch Lernstress und einen dramatischen Todesfall in seiner Familie', dachte ich. 'Der kriegt sich schon wieder ein. Warum denn auch nicht? Schließlich sind wir ein eingespieltes Team, harmonieren ideal miteinander, haben dieselbe Weltanschauung und so viel gemeinsame Ziele und Wünsche.' Die Konsequenz daraus war dann, dass wir im Januar räumlich auf Distanz gegangen sind. Er wohnte etwa 100 Kilometer entfernt und kam am Wochenende nach Hause, doch inzwischen ist es nicht mehr unser Zuhause.
Und jetzt? Er sieht das noch immer so, aber es reicht ihm nicht mehr. Für mich fühlt es sich dagegen exakt so an, dass ich ihm nicht mehr reiche. Ich, die Person, die er jahrelang geliebt hat, bin nicht mehr genug. Die Beziehung fühle sich nur noch wie ein Korsett an, er bräuchte Zeit und Raum für sich, will allein sein, aber verlieren möchte er mich auch nicht. Er will alles, ich kriege nichts.
Vor etwa zwei Wochen haben wir völlig rational entschieden, dass die Beziehung so wohl keine Chance mehr und sich an seinen Gefühlen auch durch den Auszug nichts geändert hat. Die gemeinsame Wohnung wird nun gekündigt. Beruflich zieht es ihn sowieso ab Sommer weiter weg, bisher war die Planung immer, dass wir gemeinsam umziehen - egal ob als Paar oder als Freunde. Ich bin mir aber zunehmend nicht mehr sicher, ob es klappen könnte so in einer WG zu wohnen. Er ist nach-wie-vor der wichtigste Mensch in meinem Leben. Der, der alles über mich weiß, mich über die Jahre mit all meinen Fehlern und Macken akzeptiert und geliebt hat. Er weiß, wann er mich besser in Ruhe lässt und wann er das Meiste aus mir rauskitzeln kann. Ihn komplett aus meinem Leben streichen wäre sowieso nie möglich und ich habe mich immer als Pinguin gesehen. Ich binde mich einmal richtig – und dann fürs Leben.

Von Hoffnung, dass sich alles wieder gibt, Wut und Trauer bis zu Hass habe ich innerhalb der letzten Monate nun wirklich jedes Gefühl durch. Im Grunde bin ich einfach nur entsetzt und fühle mich so dumm, dass ich Zukunftspläne gemacht habe, während er schon die Trennung vorbereitete. Ich weiß, dass es böse und ungerechtfertigt ist ihm das zu unterstellen, denn er hat es sich nicht einfach gemacht, in meinen Augen hat er aber auch nicht genug gekämpft. Statt mit mir darüber zu sprechen hat er alles in sich gefressen, mit Fremden darüber gesprochen und uns die Möglichkeit gestohlen schon viel früher das Problem anzugehen. Ob es am Ende einen Unterschied gemacht hätte? Wer weiß… Aber ich hätte es gerne probiert und so werden wir es nie erfahren.

Also, wohin auch immer Du bald gehst: nimm mein Herz mit, ich brauche es nicht mehr und es bereitet mir sowieso nur Kummer.